Historie
Der Biorhythmus von der Antike bis in die Neuzeit

Antike Ursprünge
Die Biorhythmik ist ein faszinierendes Gebiet, das die natürlichen, periodischen Zyklen untersucht, die das physische, emotionale und intellektuelle Wohlsein eines Individuums beeinflussen. Ihre Geschichte ist lang und komplex, mit Ursprüngen, die bis in die Antike zurückreichen und über die Jahrhunderte hinweg eine stetige Entwicklung und Verfeinerung erlebt haben.
Die Vorstellung von Biorhythmen hat tiefgreifende Wurzeln in der antiken Medizin und Philosophie. Die Idee, dass der menschliche Körper und Geist natürlichen Zyklen unterliegen, die das Wohlsein beeinflussen, war schon den alten Ägyptern bekannt. Sie entwickelten ausgeklügelte Kalender und Zeitmesssysteme, um die periodischen Überschwemmungen des Nils zu verfolgen, die sie als Analogie zu den zyklischen Mustern im menschlichen Körper und in der Natur im Allgemeinen betrachteten.
Die Ägypter waren nicht die einzigen antiken Kulturen, die sich mit zyklischen Mustern und Rhythmen beschäftigten. Auch im antiken China wurde die Idee der Lebensenergie oder "Qi" entwickelt, die durch den Körper zirkuliert und von zyklischen Mustern beeinflusst wird. Die traditionelle chinesische Medizin, die sich aus diesen Überzeugungen entwickelte, legt bis heute großen Wert auf das Verständnis und die Ausbalancierung dieser Energieflüsse.
Die alten Griechen trugen ebenfalls zur Entwicklung des Konzepts der Biorhythmen bei. Ärzte wie Hippokrates und Galen sprachen oft über die Bedeutung von Rhythmen und Zyklen im menschlichen Körper. Sie betrachteten Krankheit als ein Ungleichgewicht dieser natürlichen Rhythmen und betrachteten die Wiederherstellung des Gleichgewichts als einen zentralen Aspekt der Heilung. Auch die Philosophie der Griechen, insbesondere die Lehren von Platon und Aristoteles, betonte die Bedeutung von Harmonie und Gleichgewicht, einschließlich der Rhythmen und Zyklen des Lebens.
Mittelalter und Renaissance
Während des Mittelalters und der Renaissance wurden die Konzepte der Biorhythmik weiter erforscht, obwohl sie oft mit mystischen und astrologischen Ideen vermischt wurden. Die mittelalterlichen Ärzte, beeinflusst von den Lehren von Galen, hielten an der Humoraltheorie fest, die Gesundheit und Temperament mit dem Gleichgewicht von vier "Körpersäften" in Verbindung brachte: Blut, Schleim, schwarze Galle und gelbe Galle. Diese Säfte wurden gedacht, um in zyklischen Mustern zu fluktuieren und damit Gesundheit und Krankheit, Stimmung und Verhalten zu beeinflussen.
Auch die Astrologie spielte eine wichtige Rolle in der Medizin dieser Zeit. Die Bewegungen der Himmelskörper wurden als Zeichen gesehen, die dazu beitragen könnten, die zyklischen Muster im menschlichen Körper zu verstehen und vorherzusagen. Obwohl diese Ansätze heute als pseudowissenschaftlich angesehen werden, waren sie ein wichtiger Teil der Entwicklung des Konzepts der Biorhythmen und trugen dazu bei, das Bewusstsein für die Bedeutung von Zyklen und Rhythmen im menschlichen Körper zu schärfen.
Zeitalter der Aufklärung und industrielle Revolution
Mit dem Zeitalter der Aufklärung und der industriellen Revolution begannen die Wissenschaftler, die alten Theorien der Biorhythmen kritisch zu hinterfragen und zu überarbeiten. In dieser Zeit gab es bedeutende Fortschritte in der Biologie und Medizin, und viele der alten Ideen über Rhythmen und Zyklen im Körper wurden durch neuere, wissenschaftlich fundierte Konzepte ersetzt. Ein bedeutender Durchbruch kam im 19. Jahrhundert mit der Arbeit des deutschen Arztes Wilhelm Fliess.

Fließ(rechts) mit Freud (links)
Der Berliner Arzt Dr. Wilhelm Fließ (1858-1928) entwickelte zu Beginn des 20.Jahrhunderts die nach ihm benannte Fließsche Periodenlehre. Aufgrund umfangreicher Beobachtungen und statistischen Auswertungen an gesunden und kranken Menschen konnte er, wie er es nannte, „zwei periodische Vorgänge mit konstanten Intervallen von 28 bzw. 23 ganzen Tagen“ feststellen.
Heute kennen wir diese Biorhythmen als physischen oder körperlichen Rhythmus und emotionalen oder seelischen Rhythmus und damit als die zwei zentralsten Biorhythmen der gesamten Lehre.
Fliess' Theorien waren seiner Zeit weit voraus, und sie erzeugten eine Mischung aus Bewunderung und Kritik. Trotzdem beeinflussten sie viele andere Wissenschaftler und Denker, einschließlich des berühmten Psychoanalytikers Sigmund Freud, der eng mit Fliess zusammenarbeitete und von seinen Ideen beeinflusst wurde.

Herrmann Swoboda
Zeitgleich mit Dr. Fließ entdeckte auch Herrmann Swoboda (1973-1963), nach eigenen Angaben ohne von diesem zu wissen, sowohl den körperlichen, als auch den seelischen Biorhythmus, veröffentlichte seine Erkenntnisse 1904 aber erst nach Fließ. Swoboda gilt als Begründer der "Periodenlehre" des Biorhythmus.
In "Die Perioden" beschreibt er die spontane periodische Wiederkehr von Gedanken nach 18 Stunden, 23 Stunden und nach 23 Tagen. Er widmet ein umfangreiches Kapitel den Arbeiten von Fließ, erwähnte aber nicht die zugrunde liegenden Erkenntnisse aus Freuds Die Traumdeutung von 1900. Ihm wird daher ein Plagiat unterstellt, und vorgeworfen sich die Fließsche Theorie zueigen gemacht zu haben.
1917 ergänzte er seine Periodenthese noch um die siebenjährliche Wiederholung. Im Laufe der Zeit wurde der Verlauf der Perioden zu einer Wellenkurve (Sinus) entwickelt. Dabei beginnt die Kurve mit der Geburt.
Das 20. Jahrhundert und die moderne Biorhythmik
Im 20. Jahrhundert wurde das Konzept der Biorhythmen weiter ausgearbeitet und erweitert. Die Theorien von Fliess und Swoboda führten zu intensiven Diskussionen und Forschungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Einige Forscher, wie der amerikanische Psychologe Rexford B. Hersey, versuchten, die Auswirkungen der Biorhythmen auf die Arbeitsleistung und die Sicherheit am Arbeitsplatz zu messen. Andere, wie der deutsche Arzt Alfred Teltscher, untersuchten die Auswirkungen von Biorhythmen auf das Lernen und die akademische Leistung.

Hermann Teltscher
In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts erweiterte Prof. Dr. Hermann Teltscher die Fließsche Periodenlehre um zwei weitere Rhythmen. Einen 33-tägigen, sognannten Intelligenzrhythmus und einen 38-tägigen intuitiven Rhythmus.
In den 1950er Jahren wurde von Hans Genuit erstmals die mathematische Verknüpfung der verschiedenen Grundrhythmen entwickelt. Auf ihn ist die Erfolgskurve zurückzuführen.
Heute kennen wir insgesamt 7 unterschiedliche Biorhythmen mit Perioden zwischen 23 bis 53 Tagen und daraus abgeleitet 6 verknüpfte Biorhythmen.
Während dieser Zeit entwickelte sich auch die Chronobiologie, ein interdisziplinäres Wissenschaftsfeld, das sich mit biologischen Rhythmen und Zyklen beschäftigt. Forscher in diesem Gebiet untersuchten eine Vielzahl von biologischen Rhythmen, von den täglichen Schlaf-Wach-Zyklen (Zirkadiane Rhythmen) bis hin zu den monatlichen Menstruationszyklen und den jahreszeitlichen Rhythmen von Tieren und Pflanzen. Diese Forschungen trugen dazu bei, ein tieferes und umfassenderes Verständnis der Biorhythmen und ihrer Auswirkungen auf das menschliche Wohlbefinden zu entwickeln.
In den 1970er und 1980er Jahren wurde die Biorhythmik durch die Arbeit von Bernard Gittelson populär, der das Konzept der Biorhythmen einer breiteren Öffentlichkeit vorstellte. Gittelson entwickelte einfache Methoden und Werkzeuge, um die Biorhythmen einer Person zu berechnen und zu interpretieren, und behauptete, dass sie zur Vorhersage und Verbesserung der Leistung in Sport, Geschäft und anderen Bereichen verwendet werden könnten.
Heute ist die Biorhythmik ein dynamisches und vielfältiges Feld, das eine Vielzahl von Anwendungen hat. Während einige Wissenschaftler die Genauigkeit und Nützlichkeit der Biorhythmik in Frage stellen, gibt es auch viele, die ihre potenziellen Vorteile erkennen und weiterhin neue Wege zur Nutzung und Verbesserung der Biorhythmik erforschen.
Mit den Fortschritten in der Technologie und der wachsenden Verfügbarkeit von Daten hat die Biorhythmik neue Möglichkeiten zur Verbesserung der Gesundheit und des Wohlbefindens eröffnet. Biorhythmik-Apps und -Werkzeuge wie www.deeprlife.com ermöglichen es den Menschen, ihre eigenen Biorhythmen zu verfolgen und zu interpretieren, und liefern wertvolle Einblicke in ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden.
Die Geschichte der Biorhythmen lehrt uns, dass unser Wohlbefinden und unsere Leistungsfähigkeit eng mit den natürlichen Rhythmen und Zyklen, die unseren Körper und Geist durchdringen, verbunden ist. Indem wir diese Rhythmen verstehen und respektieren, können wir ein gesünderes, ausgeglicheneres und erfüllteres Leben führen.
In diesem Sinne ist die Biorhythmik nicht nur eine Wissenschaft, sondern auch eine Philosophie - eine Philosophie, die das Leben als ein komplexes Wechselspiel von Rhythmen und Zyklen sieht, die in Harmonie miteinander und mit der Welt um uns herum schwingen. Es ist eine Philosophie, die uns dazu ermutigt, auf die Signale unseres Körpers zu hören, unsere Energie und Stimmungen zu verfolgen und unsere Aktivitäten und Entscheidungen im Einklang mit unseren natürlichen Biorhythmen zu gestalten.